Das Jahr 2016

Im Rahmen der vorgeschriebenen Seminare werden vom sfd schon seit vielen Jahren verschiedene Wahlseminare angeboten. Eine wählbare Möglichkeit ist dabei eine Reise nach Minsk, die Hauptstadt von Belarus. Der Kontakt zum "Education Center Post" einer Organisation zur Bildung von Jugendlichen in Belarus, wurde schon 1997 durch einen ehemaligen Mitarbeiter des sfd hergestellt. Seitdem gelang fast jedes Jahr ein Jugendaustausch mit interessanten Erfahrungen auf beiden Seiten. Ich selbst wusste bis vor kurzem noch fast nichts über dieses Land. Das ist einer der Gründe, weshalb mich das Angebot dieser Reise so fasziniert hat. Dass ich aber tatsächlich mitkommen kann, stand lange Zeit noch nicht fest. Ich bin auf einem Auge blind, auf dem anderen sehe ich noch etwa 10 Prozent. Von den Teilnehmern des Austausches aus Belarus fand sich jedoch glücklicherweise ein Pärchen, das sich bereit erklärte, mich aufzunehmen. .. Ein Mitreisender, Aljoscha, war damit einverstanden, mit mir für eine Woche in derselben Familie zu wohnen.  Als ich erfuhr, dass ich sicher mitkommen kann, begann ich, mich auf ein echtes Abenteuer zu freuen.

 

 

Donnerstag, 5.5.2016

Um uns zwischen den einzelnen Punkten, an denen Sergej uns bei seiner Stadtführung etwas erklärte, hin und her zu bewegen, nutzten wir in erster Linie die städtische U-Bahn. Bei einer dieser Etappen brauchte ich ziemlich lange, um mein Ticket aus der Jacke zu kramen, die ich wegen der Hitze im Rucksack verstaut hatte. Kurz vor dem Kontrollautomat kam eine Frau in Uniform auf mich zu und sagte etwas auf Russisch. Da ich kein Wort verstand und auch ihre Gestik nicht erkennen konnte, reagierte ich schlicht überhaupt nicht. Die Frau wiederholte jedoch ihre Aufforderung und plötzlich kam Sergej auf mich zu, redete in schnellem Russisch auf die Frau ein und zog mich an der Schulter mit sich. Nach wenigen Metern erreichten wir ein kleines Büro, in dem er mir den Rucksack abnahm und auf einen Schreibtisch stellte. Die Frau griff sich den Rucksack und begutachtete ihn von außen. Ich wunderte mich ein wenig, dass sie nicht genauer hineinsah. Sie unterhielt sich weiter mit Sergej, der Tonfall klang bei beiden leicht aggressiv. Schließlich konnten wir wieder gehen und ich fragte Sergej, was eigentlich los gewesen war. Nach wenigen Schritten erklärte er mir, dass die Frau meinen Rucksack habe kontrollieren wollen, weil ich ihr wohl verdächtig vorgekommen sei. Bevor sie jedoch alles durchwühlen konnte, war Sergej eingeschritten und hatte ihr erzählt, dass ich ein ausländischer Tourist war.

Samstag, 7.5.2016

Heute gab es nicht ganz so viel Programm. Am Vormittag besuchten wir einen kreativen Club in Minsk, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, vor allem jungen Malern und Fotografen ein Forum für ihre Kunst zu bieten. ....Ein Mitglied des "Creative Club" hieß uns in einer Eingangshalle willkommen und begann mit der Vorstellung. Da die Arbeit des Vereins in einer PowerPoint-Präsentation dargestellt wurde, konnte ich kaum etwas erkennen. In der Nacht zuvor hatte ich ohnehin recht wenig geschlafen und so schweiften meine Gedanken häufig ab und ich wurde zunehmend müde. Der russische Koordinator sprach in gebrochenem Englisch und berichtete vor allem von verschiedenen Workshops, die der Verein zur Zeit plant. Von offenen Cafés für Maler und Fotografen über Flohmärkte bis hin zu kleinen Musikfestivals gab es ein breit gefächertes Angebot. Nach dem Vortrag wurden wir durch die oberen Flure geführt und konnten uns selbst ein Bild von den Künstlern machen. Hier hatten vor allem Fotografen und Maler ihre Studios und Ateliers gemietet. Aus den Beschreibungen der anderen konnte ich schließen, dass vieles von dem, was zu sehen gab, ziemlich beeindruckend aussah. Mir blieb vor allem der Geruch nach frischer Farbe in Erinnerung.

P. Stahlhofen

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